BÄ:
Herr Dr. von Hirschhausen, in Ihrem neuen Programm beschäftigen Sie sich
intensiv mit dem Thema Wunder. Was ist das 'Wunderbare' am Arzt-Beruf? Was hat
Sie persönlich bewegt, Medizin zu studieren?
Hirschhausen: Medizin, Biologie, Psychologie haben mich in der Schule
schon fasziniert, und ich finde Arzt sein bis heute einen der schönsten Berufe,
auch wenn ich meinen eigenen Weg gefunden habe, dieses Wissen weiterzugeben.
Meine Tante war Radiologin, mein Opa Psychiater, die weiteren Vorfahren Pfarrer
- was blieb mir übrig (lacht).
Das Wunder des Lebens - Sie gehen auf die fließenden Grenzen von Medizin und
Magie ein. Wo sehen Sie da den Zusammenhang oder ist alles nur Hokuspokus?
Medizin und Magie gehörten schon immer zusammen! In allen Kulturen gab es die
"Medizinmänner" und Frauen, die etwas von Kräutern, aber auch viel von Ritualen,
Zauber und Gruppenprozessen verstanden. Wir haben aus diesem einen Beruf viele
verschiedene gemacht, und beschweren uns, dass uns weder der Röntgenarzt, der
Psychotherapeut, der Heilpraktiker oder der Apotheker "ganzheitlich" sieht.
Historisch verdankt die Medizin viel dem fahrenden Volk. Die Narkose wurde von
den Gauklern entdeckt, die mit Lachgas die Menschen belustigten und so merkten,
dass man dabei auch Zähne ziehen kann. Die Magenspiegelung entstand, nachdem ein
Arzt einer Schwertschluckerin zugeschaut hatte, wie sie einen langen starren
Gegenstand in ihren Magen versenkte. Und das Aspirin hat man sich von weisen
Frauen abgeschaut, die aus der Weidenrinde einen schmerzstillenden Sud brauten.
Die Wissenschaft hat die Magie aus der Medizin vertrieben, aber nicht aus den
Menschen!
Schulmedizin und Alternativmedizin beäugen sich oft kritisch. Was können beide
voneinander lernen?
Noch nie habe ich gehört, dass es eine "Alternativmathematik" gäbe. Oder
"Komplementär-Maschinenbau". Warum akzeptieren wir so selbstverständlich, dass
es zur Medizin eine "Alternativmedizin" mit eigenen Gesetzen geben soll? Wohl,
weil wir eben nicht berechenbar oder rein mechanisch sind, und erst recht nicht
so betrachtet werden wollen. Einerseits wünschen wir uns einen, der sich mit
allem auskennt. Wenn es jedoch ernst wird, soll plötzlich der Ober-Spezialist
ran. Die Spaltung der Medizinwelten spiegelt die Spaltung in uns. Wir haben
Sehnsüchte und spirituelle Bedürfnisse und gleichzeitig gefühlt Anspruch auf
perfekte Reparatur mit Garantieverlängerung auf 100 Jahre. Was jeder Arzt von
den Homöopathen lernen kann: Zeit nehmen, zuhören, Fragen stellen, Rituale
verordnen und abwarten. Und dem Patient mit etwas Unschädlichem die Zeit
vertreiben, die der Körper braucht, um sich selbst zu helfen.
Brauchen Patienten heutzutage wieder mehr Wunder? Woran erkennen Sie einen
erfolgreichen "Gesundheitszauber"? Wann wird es zum faulen Zauber?
Wenn ich als Kind aufs Knie gefallen bin, hat meine Mutter gepustet und gesagt:
"Schau, da fliegt das Aua davon!" Mein ganzes Studium habe ich darauf gewartet,
dass mir jemand erklärt, wie das funktioniert. Und als Arzt muss man noch nicht
einmal selbst daran glauben, dass "AUA" fliegen kann, es reicht, wenn das Kind
das tut. Es wäre eine unterlassene Hilfeleistung, nicht zu pusten. "Scharlatane"
gibt es natürlich überall, in der Alternativszene wie in der "Schulmedizin".
Typisch sind ihre Selbstüberschätzung und die Abwertung von allen anderen
Heilmethoden. Wer außergewöhnliche Behauptungen aufstellt, hat außergewöhnliche
Beweise zu liefern. Und wenn behauptet wird, man könne mit Aprikosenkernextrakt,
Homöopathie oder Bioresonanz Erkrankungen wie Krebs, MS oder Alzheimer heilen,
hört bei mir der Spaß auf.
Wenn Sie dazu in der Lage wären, was würden Sie am liebsten aus dem heutigen
Gesundheitswesen und der aktuellen Gesundheitspolitik wegzaubern?
Die schlechte Stimmung in den Krankenhäusern macht mir ernsthaft Sorgen. Ich
kann die Kollegen und Pflegekräfte gut verstehen, die auf die Barrikaden gehen
oder resignieren. Die Kürzungen am Personal sind desaströs, denn gerade Zeit
und menschliche Zuwendung ist durch nichts zu ersetzen und darf nicht der
Profitmaximierung unterliegen. Wenn eine Krankenschwester für 40 Patienten in
der Nacht da sein soll, ist das ein Skandal. Und es kostet nachweislich auch
Leben, weil postoperativ Patienten sich unbemerkt verschlechtern und sterben.
Also: mehr Wertschätzung und Ressourcen für die Pflege. Die Ärzte sorgen schon
durch ihre Organisationen gut für sich, und sollten selber ein Interesse haben,
die anderen Team-Player mit zu fördern, die sich weniger laut artikulieren.
Zu welchem Arzt sollte man gehen, wenn man glücklicher werden will?
Na, zu mir natürlich! (lacht) Es gibt eine große Kraft von
Gemeinschaftserlebnissen, die man in der Eins-zu-Eins-Situation nicht erreichen
kann. Mir schilderte einmal ein Arzt in der Kinderpsychiatrie eine Beobachtung
während meiner Zaubershow. Ein Junge war seit Wochen bei ihm in Behandlung wegen
Mutismus - einer seelischen Störung, bei der Kinder zu sprechen aufhören. Die
Kinder mussten laut zählen, pusten, mitmachen. Und der kleine Patient "vergaß"
seine Störung. Er machte munter mit. Ich bilde mir nicht ein, dass Humor allein
ihn geheilt hat. Aber vielleicht war es genau der kleine Anstoß, der noch
fehlte, um seine Heilung voran zu bringen. Dieses Erlebnis ließ mich die
Stiftung "HUMOR HILFT HEILEN" aufbauen. Und seitdem nehme ich die Rolle von
positiven Gruppenerlebnissen durch Musik, Kunst und anderen Wegen, uns zu
"verzaubern", sehr ernst.
Sie stehen zum ersten Mal auf der Waldbühne. Worauf freuen Sie sich besonders,
worauf darf das Publikum sich freuen?
Als Berliner erfülle ich mir einen Kindheitstraum. Einmal auf der Waldbühne
stehen! Ein Geschenk an mein Publikum und eine Geburtstagsparty. Denn ich habe
am 25.08. Geburtstag und am Samstag darauf, dem 30.08. möchte ich mit allen
Fans, Kollegen und Freunden Open air feiern: mit Band, mit Feuerwerk, mit
Überraschungsgästen auf der Bühne und Wunderkerzen für alle!
Ticketbestellung unter:
http://www.printyourticket.de/Veranstaltung/HH-Aktion-293112.html
(unter diesem Link erhalten ärztliche Kolleginnen und Kollegen einen Rabatt von
25%).
- Management Dr. v. Hirschhausen/ÄKB -