(10.12.2013)
Ausstellung "Jüdische Ärzte in Schöneberg"
Für ihre Wanderausstellung "Jüdische Ärzte in Schöneberg -Topographie einer
Vertreibung" ist die Berliner Ärztin Dr. med. Ruth Jacob gemeinsam vom
Bundesgesundheitsministerium, der Bundesärztekammer und der Kassenärztlichen
Bundesvereinigung ausgezeichnet worden. Im Rahmen des mit insgesamt 10.000 Euro
dotierten Forschungspreises für wissenschaftliche Arbeiten zur Geschichte der
Ärzte während der NS-Diktatur, der zum vierten Mal verliehen worden war, erhielt
Jacob in der Hörsaalruine der Charité am 15. November einen Sonderpreis. Die
Ausstellung - erstmals im vergangenen Jahr im Rathaus Schöneberg zu sehen (s.
BERLINER ÄRZTE 3/2012, 9/2012) und von der Ärztekammer Berlin gefördert -
thematisiert die Einzelschicksale der vertriebenen und ermordeten Ärztinnen und
Ärzte im Bezirk Schöneberg. Die Ausstellung des Vereins "frag doch" Verein für
Begegnung und Erinnerung e.V., fand im Rahmen des Projektes "Wir waren
Nachbarn"
und des Themenjahres "Zerstörte Vielfalt" statt.

Ruth Jacob erhielt den Preis aus den Händen von
Bundesärztekammerpräsidenten
Frank-Ulrich Montgomery
Weitere Preisträger waren Dr. Karl-Werner Ratschko, der für seine Dissertation
über die Rolle der medizinischen Fakultät in Kiel während der NS-Zeit einen
Forschungspreis erhielt. Matthis Krischel bekam einen Forschungspreis für einen
Doppelband zur Fachgeschichte der Urologie in Deutschland und Österreich im
Nationalsozialismus. Mit einem weiteren Sonderpreis wurde Sigrid Falkenstein
geehrt, die in Form eines Briefromans den Spuren der im Zuge der Aktion T-4
ermordeten Anna folgte.
Besondere Erwähnung fanden zudem zwei Forschungsarbeiten: Die Dissertation von
Dr. Katrin Günther über die Behandlung von Soldaten und Zivilisten in der
Marburger Universitäts-Nervenklinik sowie die Auftragsarbeit der Deutschen
Gesellschaft für Chirurgie, die sich mit deren Präsidenten während der
NS-Diktatur auseinandersetzte.
Bundesärztekammerpräsident Prof. Dr. Frank-Ulrich Montgomery warnte in seiner
Rede vor einem wieder erwachenden Antisemitismus und bezog sich dabei auf
aktuelle Studien, die das Aufkeimen von judenfeindlichen Klischees beleuchtet
hatten. Er erklärte, dass sich die Ärzteschaft weiter für eine lückenlose
Aufklärung einsetzen werde. Montgomery schlug vor, den Forschungspreis, der alle
zwei Jahre verliehen wird, künftig nach Herbert Lewin zu benennen. Lewin war ein
jüdischer Arzt, der die KZ-Haft überlebte, und in der Bundesrepublik von
1963-1969 Vorsitzender des Zentralrats der Juden in Deutschland war. Der
ehemalige KBV-Vorsitzende Dr. Manfred Richter-Reichhelm verwies in seiner Rede
darauf, dass die Ärzteschaft sich "spät, aber nicht zu spät" ihrer unheilvollen
Geschichte gestellt habe. Seit dem Jahr 2000 haben sich - angefangen mit der KBV
- zahlreiche ärztliche Institutionen mit der NS-Vergangenheit
auseinandergesetzt, darunter auch die Ärztekammer Berlin. Wichtig sei, die
Erinnerung in die Zukunft zu tragen. Dies geschehe beispielsweise mit dem Ausbau
der ehemaligen "Reichsärzteführerschule" im mecklenburgischen Alt-Rehse zu einem
Lern-, Forschungs- und Bildungszentrum. Richter-Reichhelm mahnte an, dass es zur
Realisierung des Projektes noch weiterer Spenden bedarf.