(23.07.2013)
Erinnerungen an die Senatsdirigentin zum 3. Todestag.
Sie wollte niemandem die Mühe machen, ihr Grab zu pflegen. So bekam sie zwar
eine schöne Trauerfeier, bei der Claus Köppel, den sie immer ihren "Leibarzt"
nannte, in der Dorfkirche Alt-Tempelhof die Orgel spielte, aber kein Grab und
kein Grabmal, sondern ihrem Wunsche gemäß eine Seebestattung. Vor drei Jahren
war die Senatsdirigentin im (Un-)Ruhestand im 91. Lebensjahr gestorben. Zu den
vielen Ehrenämtern, die sie noch im hohen Alter ausübte, gehörte ihre engagierte
Tätigkeit in der Ethik-Kommission der Ärztekammer Berlin, deren Vorsitz sie
jahrelang innehatte. Ethik kennzeichnete auch ihre praktische Tätigkeit. Die
meisten der Organisationen und Einrichtungen, die sie gründete oder in denen sie
Sitz und Stimme hatte, dienten dazu, den Mühseligen und Beladenen dieser Stadt
ein lebenswertes Leben zu ermöglichen. Vor allem für sie hat sie im Berliner
Gesundheitswesen sehr viel bewegt, freundlich, aber hartnäckig.
Nun bekam diese stets bescheidene, mütterlich Kinderärztin doch noch ein
Grabmal: ein musikalisches. Ihr war anlässlich ihres dritten Todestages eines
der Patientenkonzerte gewidmet, die Geriatriechef Köppel regelmäßig im
Wenckebachkrankenhaus veranstaltet und die wegen des hohen Niveaus auch von
gesunden Musikfreunden geschätzt werden. Ruth Mattheis besuchte sie regelmäßig
und sprach gern von der "musikalischen Späterziehung einer Senats-Dirigentin".
"Ihr" Konzert hieß "Le Tombeau". Musikalische Grabmäler, meist für die Laute,
komponierte man im 17. und 18. Jahrhundert zum Gedenken an hochgestellte
Persönlichkeiten oder an Freunde. Mehrere dieser Miniaturen spielten Magnus
Anderson auf der Laute oder der Theorbe und Claus Köppel auf dem Cembalo.
Vielleicht hörte Ruth Mattheis auf ihrer Wolke gerührt lächelnd zu.