(26.07.2012)
Hauptstadtkongress
Am letzten Tag des Hauptstadtkongresses "Medizin und Gesundheit" im ICC hat der Präsident der Ärztekammer
Berlin, Dr. med. Günther Jonitz, einen Veranstaltungsmarathon absolviert.
Zunächst leitete er zusammen mit Professor Dr. med. Walter Schaffartzik
(Vorsitzender der Norddeutschen Schlichtungsstelle für Arzthaftpflichtfragen)
eine Veranstaltung zur Frage der Beweislastumkehr bei Behandlungsfehlern. Dabei
ging Johann Neu, Geschäftsführer der Norddeutschen Schlichtungsstelle, zunächst
auf die Besonderheiten des Arzthaftungsprozesses ein. Aus Sicht des
Patientenanwaltes Matthias Teichner gibt es sowohl Defizite bei ärztlichen
Gutachtern in Behandlungsfehlerprozessen als auch bei den Richtern, die den
Gutachtern häufig die falschen Fragen stellten, "was zu falschen Antworten
führt". Der Arztanwalt Maximilian Broglie warnte vor einer generellen
Beweislastumkehr. Dies habe in den USA "zu einer Defensivmedizin" geführt, die
nur darauf achte, kein Prozessrisiko einzugehen. Zugleich warnte er Ärzte und
Kliniken vor einer Unterdeckung bei den Haftpflichtpolicen: "Wer invasiv
arbeitet, sollte eine Schadensdeckung von mindestens fünf Millionen Euro haben."
Aber viele Fällen würden gar nicht vor Gericht landen, wenn zuvor im
Schadensfall eine gute Arzt-Patienten-Kommunikation statt gefunden habe.
Anschließend stellte sich Jonitz in einer Podiumsveranstaltung der Frage
"Wird in Deutschland zu viel operiert?" Aus seiner Sicht ist dies in Teilen der
Fall, weil in Deutschland durch das DRG-System die falschen Anreize gesetzt
werden. Dies sei aber nicht den Ärzten anzurechnen. Die weiteren Referenten
versuchten teilweise diese unbequemen Aussagen zu relativieren. So konnte
Professor Bertram Häusler vom IGES Institut für Gesundheits- und Sozialforschung
in der Zunahme von Fallzahlen kein Zeichen für eine schlechte Entwicklung
erkennen.
Auf die zwischenmenschliche und wissenschaftliche Ebene ging es bei der
letzten Veranstaltung unter der Leitung von Dr. med. Astrid Bühren
(Ehrenpräsidentin des Deutschen Ärztinnenbundes) und Dr. med. Johann-Wilhelm
Weidringer (Geschäftsführender Arzt der Bayerischen Landesärztekammer): "Neuroscience
und Leadership - Erkenntnisse der Hirnforschung für die Führung von
Mitarbeitern". Jonitz legte dabei seine Vorstellungen von einer
werteorientierten Mitarbeiterführung dar. Astrid Bühren beantwortet ihrerseits
die Frage, ob Frauen anders führen, mit einem klaren Ja. Sie wurde dabei
unterstützt vom Heidelberger Hirnforscher Professor Bernd Weber, der
insbesondere Unterschiede bei Männern und Frauen in Wettbewerbssituationen
nachweisen konnte.
Nicht die Brücke von Raumschiff Enterprise, sondern ein
Konferenzsaal im ICC mit
Kammerpräsident Günther Jonitz am Rednerpult.