Mittwoch, 18.04.2012 in Berlin
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,
sehr geehrte Damen und Herren, das politische Projekt "elektronische Gesundheitskarte" ist gescheitert. Der
gigantomanische Anspruch, durch eine flächendeckende Elektronifizierung der
Patientenversorgung sowohl transparente Patienten als auch transparente Ärzte
herzustellen, widerspricht elementaren Grundwerten der Patientenversorgung. Die
Vertraulichkeit der Patientenbeziehung ist genauso durch dieses politische
Projekt bedroht wie die ärztliche Therapiefreiheit. Der derzeitige Nutzen liegt
bei einigen Wenigen, beispielsweise einer kontrollwütigen Politik und einer nach
neuen Märkten suchenden Industrie. Den Schaden und die Risiken sowie der Aufwand
bleibt bei uns Ärztinnen und Ärzten.
Niemand wird sich den neuen elektronischen Möglichkeiten der Information,
Datenverarbeitung und Kommunikation verweigern. Eine elektronische Patientenakte
in der Hand des Arztes, in dem die Patientendaten systematisch dokumentiert und
für Fragen der Optimierung der Behandlung ebenso abrufbar sind wie für
Qualitätssicherung und ggf. Abrechnung, sollte im 3. Jahrtausend
selbstverständlich sein. Die Datenspeicherung und -verarbeitung vor Ort ist eine
der Grundlagen für eine hohe Datensicherheit. Eine solche auf ärztlichen Werten
und Inhalten orientierte Speicherung und Verarbeitung von Patientendaten ist
sinnvoll und hilfreich. Sie kann - richtig angewandt - auch dazu beitragen, dass
nicht nur die Behandlung im Einzelfall, sondern auch die Behandlung von ganzen
Patientengruppen durch den systematischen Austausch von Erfahrungen verbessert
wird.
Die Ärztekammer Berlin hat sich wiederholt gegen das politische Projekt der
elektronischen Gesundheitskarte ausgesprochen und auf die kritische Haltung der
Bundesärztekammer an mehreren Stellen aktiv Einfluss genommen. Wir werden uns
auch weiterhin gegen jede politische Bevormundung, sei es auf direktem oder
elektronischen Wege, wehren. Die Einführung moderner Informations- und
Kommunikationshilfen kann nur gelingen, wenn dadurch konkret Probleme der
Patientenversorgung vor Ort gelöst und die Arbeit von Ärztinnen und Ärzten
erleichtert wird. Solange dies nicht gewährleistet ist, müssen wir uns wehren.
Ich wünsche Ihrer Veranstaltung - auch im Namen des Vorstandes der Ärztekammer
Berlin - gutes Gelingen!
Mit herzlichen kollegialen Grüßen
Dr. med. Günther Jonitz
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