(10.01.2012)
Chirurgen berichten über ihre Qualitätssicherung
Weil Klappern zum Handwerk gehört, lud die Deutsche Gesellschaft für Chirurgie (DGCH)
die Presse ins Langenbeck-Virchow-Haus ein. Wie sehr sich die Chirurgen um
Qualitätssicherung und Patientensicherheit bemühen, soll auch öffentlich bekannt
werden. In Deutschland waren sie in der Medizin die ersten, die sich an die
Qualitätssicherung herantasteten - schon seit 1976 mit Pilotstudien. Und als die
Patientensicherheit zum Thema wurde, waren sie auch sofort mit dabei. Jetzt
erinnerten sie daran, dass schon 2005 ihr Jahreskongress unter dem Leitthema
"Patientensicherheit" stand und dass sie von Anfang an aktive Mitglieder des
"Aktionsbündnisses Patientensicherheit" sind.
"Die Chirurgie entwickelt sich
dramatisch, vor allem die minimal-invasive", sagte der Heidelberger
Hochschulchirurg Markus Büchler, Präsident der DGCH, die als Dachorganisation
vieler Gesellschaften fungiert. Selbst an Herz- und Lungeneingriffe sowie an
Krebsoperationen wagt sich diese Technik - nicht ohne begleitende Studien. Für
die neueste Variante, Eingriffe durch natürliche Körperöffnungen, wurde sogar
"das größte Register zur Versorgungsforschung in Deutschland" eingerichtet,
sagte Michael Betzler, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Allgemein- und
Viszeralchirurgie.
Eine entscheidende Voraussetzung für die Sicherheit der
Patienten ist eine gute Weiterbildung. Damit die Patienten nicht ins Tal der
Lernkurve von Anfängern ad exitum kommen, unternehmen die Chirurgen jetzt enorme
Anstrengungen: Nicht mehr der OP-Saal, sondern das Trainingslabor wird zum Ort
der Lernkurve, berichtete Karl-Walter Jauch, 2. Vizepräsident der DGCH. Wenn die
Ressourcen für diese aufwendigen Schulungen fehlen, sieht er die Chirurgie schon
bald in der gleichen Lage wie die Allgemeinmedizin: Nachwuchsmangel, verschärft durch
ständige Überlastung und niedrige Lebensqualität der Chirurgen. Dies ergab eine
sofort berühmt gewordene Umfrage, die gerade in der Deutschen Medizinischen
Wochenschrift publiziert wurde (2011, 136, 2140-44). Die Zahl der Operationen in
Deutschland steigt ständig. Wird zu viel operiert? Zu denken geben die großen
regionalen Unterschiede innerhalb Deutschlands, sagte Hartwig Bauer,
Generalsekretär der DGCH. Als Beispiele nannte er Knieoperationen, aber auch
Hüftgelenksersatz und WS-Eingriffe. Vor einer elektiven Operation eine
Zweitmeinung einzuholen, kann daher als Teil einer umfassenden Sicherheitskultur
gelten. Für sehr problematisch hält Bauer aber teure Internet-Zweitmeinungen,
bei denen der Gutachter den Patienten nie gesehen hat. "Das Geschäft mit der
Online-Beratung ist insgesamt äußert umstritten und juristisch fragwürdig",
urteilte Bauer.
Der nächste DGCH-Kongress, dieses Jahr wieder in Berlin (24. - 27.
April 2012), steht unter dem Motto "Chirurgie in Partnerschaft", bezogen auf
Nachbardisziplinen und Pflege.