(22.07.2009)
Einschränkungen gelten nur unter bestimmten Voraussetzungen
Patienten haben das Recht, in ihre Krankenunterlagen Einsicht zu nehmen. Darauf
weist die Ärztekammer Berlin ihre Mitglieder hin. Das Einsichtsrecht darf nur
unter besonderen Voraussetzungen eingeschränkt werden. Ein besonderes Interesse
an der Geltendmachung des Einsichtsrechtes muss die Patientin oder der Patient
nicht darlegen.
Das Einsichtsrecht erstreckt sich grundsätzlich auf den so genannten objektiven
Teil der Unterlagen, das heißt nicht auf den Teil der Dokumentation, der rein
subjektive Eindrücke und Wahrnehmungen des Arztes enthält. Sollten sich
Eintragungen in der Krankenakte befinden, die vom Einsichtsrecht nicht umfasst
sind, so braucht der Arzt diese dem Patienten nicht zugänglich zu machen,
sondern kann solche Vermerke beim Kopieren abdecken. Dieses wiederum hat
zweckmäßigerweise so zu geschehen, dass die Abdeckung als solche erkennbar
bleibt.
Patienten können ihr Einsichtsrecht auch wahrnehmen, indem sie einen Arzt oder
eine sonstige Person ihres Vertrauens mit der Einsicht beauftragen. Es können
auch Kopien der Dokumentation von dem behandelnden Arzt erbeten werden. Es
besteht jedoch grundsätzlich kein Anspruch auf Zusendung, wohl aber darauf, dass
die Unterlagen bzw. Kopien zur Abholung bereitgehalten werden. In der Regel muss
der Patient die anfallenden Kopierkosten tragen. Nach der Rechtsprechung können
für angefertigte Kopien die angemessenen Kosten in Rechnung gestellt werden. In
Anlehnung an das Gerichtskostengesetz kann bei einem Betrag in Höhe von 50 Cent
pro Seite für die ersten 50 Blatt und 15 Cent für jedes weitere Blatt von der
Angemessenheit der Kosten ausgegangen werden. Bei sehr aufwändig zu kopierenden
Krankenunterlagen wird man über diesen Betrag hinausgehen können. Ein Recht auf
Überlassung der Originalunterlagen besteht nicht. Es stünde im Widerspruch zur
ärztlichen Dokumentationspflicht. Eine zeitweise Überlassung der
Originalunterlagen zur Einsicht ist aber unter Umständen möglich und bestimmten
Fällen auch verpflichtend. Sofern z.B. durch die zeitweise Überlassung von
Röntgenbildern weitere Untersuchungen bei einem weiterbehandelnden Arzt
vermieden werden können, besteht eine Pflicht zur Überlassung an den Patienten
oder an den weiterbehandelnden Arzt. Diese Verpflichtung ergibt sich direkt aus
der Röntgenverordnung.
Besonderheiten bei psychiatrischen Patienten
Grundsätzlich gilt, dass Patienten auch in psychiatrische Unterlagen Einsicht
nehmen können. Entscheidend ist aber, ob die Einsichtnahme medizinisch zu
verantworten ist. Allerdings darf der Arzt auch nach einer psychiatrischen
Behandlung das Einsichtsrecht in die Krankenunterlagen nicht pauschal unter
Hinweis auf ärztliche Bedenken verweigern. Er hat die entgegenstehenden
therapeutischen Gründe vielmehr nach Art und Richtung näher zu kennzeichnen,
allerdings ohne die Verpflichtung, dabei ins Detail zu gehen.
Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes ist stets eine
Abwägung im Einzelfall unter Berücksichtigung der konkreten Umstände zu treffen,
und zwar auch hinsichtlich der nicht objektivierten Befunde einer
psychiatrischen Behandlung. Der Arzt hat sich dabei an den Schutzinteressen des
Patienten zu orientieren. Solche Schutzinteressen sind insbesondere gegeben,
wenn infolge der Einsicht in die gesamte Behandlungsakte eine Selbstgefährdung
des Patienten droht.
Einsicht in die Unterlagen Verstorbener
Die ärztliche Schweigepflicht gilt über den Tod des Patienten hinaus. Eine
Einsichtnahme in die Patientenunterlagen des Verstorbenen durch Erben,
Angehörige oder Dritte ist deshalb nur unter bestimmten Voraussetzungen
zulässig. Die Erteilung von Auskünften aus oder die Herausgabe von
Krankenunterlagen Verstorbener ist dann zulässig, wenn der Verstorbene vor
seinem Tod seine Einwilligung hierzu erklärt hat, wenn es eine gesetzliche
Grundlage hierfür gibt (zum Beispiel Meldepflichten nach dem
Infektionsschutzgesetz) oder der Arzt nach gewissenhafter Überprüfung zu dem
Ergebnis kommt, dass die Offenbarung des Patientengeheimnisses im mutmaßlichen
Interesse des Verstorbenen liegt, bzw. von seinem mutmaßlichen Einverständnis
auszugehen ist. Bei der Beantwortung dieser Frage, hat der Arzt gewissenhaft zu
prüfen, ob Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Verstorbene die Offenlegung
der Krankenunterlagen ganz oder teilweise oder gegenüber einer bestimmten Person
missbilligt haben würde. Dabei wird auch das Anliegen der die Einsicht
begehrenden Person (Geltendmachung von Ansprüchen, Wahrung nachwirkender
Persönlichkeitsbelange des Verstorbenen, Klärung der Testierfähigkeit des
Verstorbenen) eine entscheidende Rolle spielen müssen. Unerheblich ist dabei die
Frage, ob die betroffene Person Erbe ist. Über die Berechtigung zur
Einsichtnahme entscheidet der Arzt "in letzter Instanz? selbst. Allerdings
muss die Verweigerung der Einsichtnahme zumindest unter Angabe der Art der
Einwände allgemein begründet werden. Wird die Einsichtnahme z.B. zur Überprüfung
der Frage eines Behandlungsfehlers oder zur Überprüfung der Testierfähigkeit des
Verstorbenen begehrt, wird nach der Rechtsprechung, grundsätzlich von einem
mutmaßlichen Einverständnis des Verstorbenen auszugehen sein. Die Einsicht kann
in diesen Fällen nur verweigert werden, wenn konkrete Tatsachen vorliegen, die
gegen ein mutmaßliches Einverständnis des Verstorbenen sprechen.