(30.03.2009)
Evidenzbasierte Medizin
Das "Deutsche Netzwerk Evidenzbasierte Medizin" (DNEbM) ist der weltweit größte
Zusammenschluss von Personen (überwiegend Ärzten) und Institutionen des
Gesundheitswesens. Seit seiner Gründung 1998 hat es geholfen, die Medizin zu
verändern. Darauf verwies nicht ohne Stolz der Marburger
Allgemeinmedizin-Professor Norbert Donner-Banzhoff, Präsident der 10.
Jahrestagung, zu der das Netzwerk nach Berlin geladen hatte. Auch die
evidenzbasierte Medizin selbst hat sich offenbar gewandelt oder
weiterentwickelt, wie dieser Kongress zeigte. Sie lässt sich heute nicht mehr -
wie man dies anfangs versuchte - als "Kochbuchmedizin" abtun und auf die
Fahndung nach randomisierten kontrollierten Studien reduzieren. Von Anfang an
ging es ihr darum, die jeweils am relativ besten fundierten Erkenntnisse mit der
ärztlichen Erfahrung und den Präferenzen der Patienten zu vereinen. Die
Patientenorientierung wurde auf der Tagung besonders betont. Ein jetzt
vorgestelltes Grundsatzpapier formuliert Prinzipien für eine "gute Praxis
Gesundheitsinformationen".
Nachdem es gelungen ist, das Konzept der Evidenzbasierten Medizin überall zu
verbreiten, bemüht sich das Netzwerk nun verstärkt um seine Umsetzung, sagte
sein Vorsitzender, der Köln-Wittener Chirurgie-Forscher Edmund A.M. Neugebauer.
Hier aber steht diese neue Bewegung "unter Druck" (dies das Motto des
Kongresses) aus mehreren Richtungen: Die Industrie drängt laut Donner-Banzhoff
"auf die rasche Marktetablierung von Innovationen? und die Patienten üben Druck
auf den Arzt aus, um eine bestimmte Behandlung zu bekommen. Bei zunehmendem
Kostendruck wird die evidenzbasierte Medizin sogar als Hebel der Rationierung
missverstanden. Dabei geht es doch nur darum nützliche und nutzlose Leistungen
zu identifizieren (und die letzteren zugunsten der ersteren aufzugeben).
Neugebauer betonte: "Einer möglichen Einschränkung des Zugangs zu medizinisch
nützlichen Maßnahmen werden wir uns widersetzen."

Prof. Dr. Edmund A.M. Neugebauer, Vorstand des DNEbm, Prof. Dr. Norbert
Donner-Banzhoff,
Tagungspräsident des EbM-Kongresses 2009, Dr. Günther Jonitz, Prof. Dr. Gerd
Gigerenzer,
Prof. Dr. Dr. Heiner Raspe, Dr. Gerd Antes und Prof. Dr. Johannes Köbberling (v.li.n.re.).
(Foto: DNEbm)
Im Rahmen der Jahrestagung verlieh Berlins
Kammerpräsident Dr. med. Günther Jonitz für die Bundesärztekammer zwei der
höchsten Auszeichnungen der deutschen Ärzteschaft. Die
Ernst-von-Bergmann-Plakette ging an die EbM-Pioniere Professor Dr. med. Heiner
Raspe, Lübeck, und an Professor Dr. med. Johannes Köbberling, Wuppertal. Der
Direktor des Deutschen Cochrane Centrums, der Dipl-Mathematiker Dr. rer. nat.
Gerd Antes, erhielt das Ehrenzeichen der deutschen Ärzteschaft. In seiner
Laudatio verwies Jonitz auf die eminente Bedeutung der Arbeit der Preisträger
für die Einführung und Etablierung der EbM in Deutschland.
www.ebm-netzwerk.de
www.ebm-kongress.de